Wie für einen Atlas der Anatomie üblich kommt der Fotoatlas von Rohen auf ein Kampfgewicht von 545 Seiten, welche mit dutzenden Abbildungen vollgepackt sind.

Der Atlas geht schon in die 8te Auflage und kann als der Goldstandard der Fotoatlanten angesehen werden. Aufgebaut ist das Buch in 8 Kapiteln: Beginnend mit einem Kapitel über die Allgemeine Anatomie, das gerne übersprungen wird um sich direkt auf die Kapitel, der im Sezierkurs verlangten Regionen, zu stürzen. Durch die neuen Abbildungen in der aktuellen Auflage, bleiben praktisch keine Wünsche offen und selbst Kapitel wie die Neuroanatomie, für die auch eigene Fotoatlanten existieren, werden meiner Meinung nach in ausreichender Vielfalt präsentiert.

Mehrere hundert Abbildungen von perfekt ausgearbeiteten Präparaten finden in diesem Buch Platz und vereinfachen den Übergang von den idealisierten Abbildungen  der gezeichneten Bildatlanten zu den oft eher bedürftig aussehenden Präparaten im Seziersaal. Wichtige Strukturen werden oft noch mit Farbe hervorgehoben, um den Verlauf beziehungsweise Verhältnisse zu anderen Strukturen zu verdeutlichen.

Zusätzlich werden manche Präparate mit in einfach gehaltenen Zeichnungen ergänzt, um auch hier das Lernen zu vereinfachen. Für die Kennzeichnung der einzelnen anatomischen Strukturen wird ein auf Zahlen basierendes System angewandt:  Die Strukturen werden mit einer aufsteigenden Zahlenfolge katalogisiert und mit einer nebenstehenden Legende verknüpft. Gerade Einsteiger der Anatomie müssen infolgedessen oft zwischen dem Präparat und der dazugehörigen Tabelle hin und her wechseln, was in Summe durchaus viel Zeit und Nerven kosten kann.

Gerade während den Sezierkursen sind die Bilder äußerst nützlich um einerseits einen guten Überblick über die einzelnen Regionen zu erhalten und sich anderseits auch mit der genauen topographischen Anatomie realitätsnäher auseinandersetzen zu können. Es ist aber abzuraten, die Abbildungen als Schnitzvorlage für das eigene Präparat zu verwenden, da man aller Voraussicht nach kläglich scheitern wird und schlussendlich die Lust am Präparieren der eigenen Region verliert.

Zusätzlich wartet das Buch mit einigen anatomischen Schnittbildern und dazugehörigen MRT oder Röntgen Aufnahmen auf, damit man auch in der Klinik den unangenehmen Fragen der betreuenden ÄrztInnen gekonnt entgegen treten kann. Freilich findet man solche auch zuhauf in den Weiten des Internets, doch ist gerade die direkte Gegenüberstellung von anatomischen- zu radiologischen Schnittbild sehr angenehm. Was den besonders interessierten Anatomie Studenten fehlen wird sind Angaben über die Häufigkeit des Vorkommens der abgebildeten anatomischen Strukturen. Gerade bei den Leitungsbahnen gibt es unzählige Variationen und diejenigen, die stur den Atlas auswendig lernen kann eine üble Überraschung am eigenen Präparat blühen, wenn plötzlich eine seltene Variation abgesäbelt wird, die aber durchaus in jedem Bildatlanten Einzug gefunden hat. Generell beinhaltet der Atlas keine zusätzlichen erläuterten Texte und beschränkt sich einzig auf die perfekt präparierten und in hoher Qualität aufgenommenen Fotografien, wie dies in den Bildatlanten üblich ist.

Zusätzliches Manko bleibt der doch für viele StudentInnen gesalzene Preis: Um die 90 € muss man für dieses Schmuckstück auf den Tisch legen, erhält aber im Gegensatz einen praktisch vollständigen Fotoatlanten der menschlichen Anatomie, der durchaus den Anspruch erhebt die gängigen Bildatlanten ersetzen zu können, aber für die wahren Formalin-Junkies unter uns leider nur eine Ergänzung darstellen kann.

 

Fazit: Für StudentInnen die auf einen Fotoatlas nicht verzichten wollen und anatomische Präparate auch im eigenen Regal stehen haben wollen, ist der Rohen eine absolute Kauf- bzw. Wunschempfehlung. Doch auch zu den teuren Bildatlanten stellt der Rohen in Kombination mit einem geeigneten Lehrbuch eine ausgezeichnete Alternative  dar, mit der man sich die Anatomie gut lernen kann, sofern man auf Varietäten und ähnliches verzichten kann/will.