Die Österreichische Hochschüler:innenschaft an der Medizinischen Universität Innsbruck (kurz: ÖH-MUI) begrüßt die jüngst getätigte Anhebung der Aufwandsentschädigung im Klinisch Praktischen Jahr (kurz: KPJ) seitens der Tiroler Landesregierung für Studierende der Humanmedizin auf 900€ brutto im gesamten Bundesland. Die bislang gezahlten 600€ wurden 2018 durch den Einsatz der ÖH-MUI erreicht.

Die aktuelle Erhöhung ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung!

Das KPJ ist eine durchgängige praktische Ausbildung im Umfang von 48 Wochen und muss im 6. Studienjahr des Humanmedizinstudiums absolviert werden. Ziel ist es, die praktischen Tätigkeiten in der Realität zu erlernen und sich gleichzeitig auf das Berufsleben vorzubereiten. Von den Studierenden werden hohe Leistungen und Engagement erwartet. Sie übernehmen systemrelevante Aufgaben wie Blutabnahmen, Verfassen von Arztbriefen, OP-Assistenzen, Stationsarbeit und vieles mehr. Doch trotz dieser Verantwortung und dem Arbeitseinsatz erhalten sie nicht die angemessene Entlohnung, die ihrer Arbeit und ihrem Beitrag entspricht.

Studienbeihilfen, sofern sie überhaupt über die Dauer der sechsjährigen Mindeststudienzeit der Studien Zahn- und Humanmedizin ausgezahlt werden, decken die Lebenshaltungskosten bei Weitem nicht ab. Aus diesem Grund sind viele Medizinstudierende gezwungen, in den ersten fünf Jahren neben dem Studium zu arbeiten, um sich dieses und das Leben finanzieren zu können.

Während des KPJs zu arbeiten ist allerdings aufgrund der Vollzeitanstellung an der Klinik NICHT mehr möglich und auch nicht zumutbar. Zusätzlich fallen viele Beihilfen aufgrund des Alters weg und auch die Unterstützung durch die Eltern ist nach den letzten Jahren der Teuerung nicht ausreichend möglich. Mit der Anhebung der KPJ Aufwandsentschädigung auf 900€ brutto ist nach Abzug der Wohnkosten zum Leben nicht mehr viel übrig.
Daher gibt es für MUI-Studierende nur zwei Optionen: Absolvierung des Klinisch Praktischen Jahres in Tirol – am Rande der Existenz – oder die Rückkehr zum Elternhaus, oft außerhalb Tirols. Und dann stellt sich die Frage:
Wieso sollte eine hochqualifizierte Person, die sich an einem anderen Ort vernetzt hat und dort wertvolle professionelle Kontakte geknüpft hat, wieder nach Tirol zurückkehren?

Tirol verliert hier dringend benötigte Leistungsträger für die Zukunft des Landes!

In einer noch dramatischeren Situation befinden sich Studierende der Zahnmedizin. Ab dem 7. Semester arbeiten sie in der Klinik und gegen Ende des Studiums absolvieren sie ein „72-Wochen“ Praktikum, bei dem sie täglich bis zu 10 Stunden pro Tag vor Ort verbringen. Dabei führen sie selbstständig verschiedene Behandlungen an Patienten durch, sind unter anderem auch für die Notfallversorgung verantwortlich und leisten unverzichtbare Arbeit, die zum Teil sogar direkt mit den Patienten abgerechnet werden. Hinzu kommen dann auch noch Arbeiten im OP und zahnmedizinische Unterstützung für die Lebenshilfe.

Diese gigantische Leistung wird in Tirol mit ganzen 0€/Monat wertgeschätzt!

Die faire Entschädigung des Klinisch-Praktischen Jahres der Humanmedizin und des 72-Wochen-Praktikums der Zahnmedizin ist deshalb essenziell für eine weitsichtige Gesundheitspolitik in Tirol. Um eine langfristig nachhaltige Grundlage zu schaffen, sind folgende Weichenstellungen unumgänglich:

  • Anhebung der Aufwandsentschädigung für das Klinisch-Praktische Jahr über die Armutsgrenze
  • Gleichwertige Entschädigung für die Zahnmedizinisch-Praktische Berufsvorbereitung (72-Wochen Praktikum)

Die Studierenden bekommen dadurch die Möglichkeit, ihre gesamte Ausbildung sicher in Tirol zu bestreiten, wodurch sie Kontakte knüpfen und weiter im Bundesland verankert werden. Das sichert Tirol hochqualifizierte junge Ärztinnen und Ärzte der Human- und Zahnmedizin, die zukünftig die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung im Bundesland tragen werden. Die Wartezeiten auf Kassentermine sind lang genug, die heutigen Engpässe sind allen bekannt und durch Pensionswellen wird das immer prekärer werden. Millionen von Menschen werden von exzellenten und motivierten Ärztinnen und Ärzten profitieren, die sich langfristig in Tirol engagieren.

Auch der Anspruch einer Universitätsklinik, Spitzenmedizin und medizinische Forschung in Tirol auf international kompetitivem Niveau zu betreiben, kann so auch in Zukunft erfüllt werden. Der Nachwuchs wird gesichert, wovon Tirol wissenschaftlich und wirtschaftlich profitieren wird.

 

Die offizielle Pressemitteilung findet ihr hier.